In dem polarisierenden Spannungsfeld der Gentrifizierung befinden sich so gut wie alle Großstädte. Gentrifizierung ist Motor für Renovierung, Neu-Nutzbarmachung alter Gebäudekomplexe, Wieder-beleben ganzer Stadtteile: Wo wären Coworking-Spaces, Penthouse-Partys, Künstler-Lofts und Pariser Ateliers ohne „Gentrifizierung“? Die Kehrseite der Wiederbelebung zum Teil manchmal sehr verfallenerer Stadtteile: Es wird teuer.
„Als Gentrifizierung (von englisch gentry „niederer Adel“), (…), bezeichnet man den sozio-ökonomischen Strukturwandel großstädtischer Viertel durch eine Attraktivitätssteigerung zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter und deren anschließenden Zuzug.“ (Wikipedia). Sozioökonomischer Strukturwandel, Attraktivitätssteigerung und Zuzug zahlungskräftigerer Bewohner:innen: Damit lässt sich erahnen, welche Diskussionen und Herausforderungen rund um den Trend „Gentrifizierung“ entstehen. Wobei, ganz neu ist dieser Trend nicht.
In London konnte man bereits 1888 von „gentrification“ reden: Zu dieser Zeit zogen Mittelschicht-Familien vermehrt in den ursprünglich von Arbeitern bewohnten Stadtteil Islington. Das Ergebnis: Eine signifikante Änderung der sozialen Struktur, erhöhte Kaufkraft, damit einhergehend bauliche und infrastrukturelle Veränderungen. Aber selbst das war noch nicht der Anfang. Die britische Stadtsoziologin Ruth Glass erkannte in ihren Analysen 1964, dass nochmals ein Jahrhundert früher ähnliche Bewegungen beobachtbar waren. Damals zog der niedere Adel (Gentry) zurück in die Stadtzentren – so erklärt sich letztlich auch der Begriff.
In weiterer Folge bekam das Schlagwort „Gentrifizierung“ eine eher sozialpolitisch-kämpferische Note mit negativem Unterton, wobei die vielen positiven Aspekte einer „Revitalisierungswelle“ in den Hintergrund traten. Von diesen positiven Aspekten rund um Gentrifizierungsprozesse gäbe es aber genug: Nicht selten sind die Akteure, die „Treiber“ solcher Prozesse, (Sub)Kulturen mit nachweislich hohem Potenzial in Mode, Kunst, Konsum, ja auch in Architektur und ganz allgemein in einem „ungewöhnlichen“ Lebensentwurf. „Gentrifiers“ – zu ihnen zählen Jugend-/
Ob Mode-, Kunst-, Industrie- oder Tourismusmetropolen: Gentrifizierungsprozesse gibt es weltweit in allen Städten, die Liste an Beispielen ist lang und wäre wohl nie komplett. Gerade die „Künstlerviertel“ haben unangefochten einen großen Reiz für Geschäfte, Touristen, Inspiration und Austausch. Die schon erwähnte „Nonkonformität“ ihrer Bewohner:innen, ihre Stilsicherheit und der Fokus auf erhaltenswerte Strukturen sind durchaus positive Aspekte, die für den Erhalt zum Teil stark vernachlässigter Bereiche und deren Attraktivitätssteigerung bereichernd wirken.
Letztlich gilt bei Gentrifizierung, wie für jede Art von Standort- und Projektentwicklung mit einem Schwerpunkt auf Revitalisierung und Renovierung: Man muss mit Bedacht vorgehen, sorgfältig unterschiedliche Standpunkte und Möglichkeiten abwägen. Im Sinne eines vitalen, leistbaren Nutzungsmix und vitalen Stadtbildes.
Zum Nachlesen (fakultativ):
Ein fundierter Überblick über Gentrifizierung
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Gentrifizierungs-Case Athen
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Trendbegriffe der Bauwirtschaft