In Brumunddal, Norwegen, steht man staunend vor einem Hochhaus und blickt rund 85 Meter nach oben: Der norwegische Rekordbau Mjøstårnet ist komplett aus Brettschichtholz errichtet. Der niederländische Architekt Marco Vermeulen will mehr und arbeitet an den „Dutch Mountains“: Er plant das weltweit höchste Holzgebäude mit zwei Türmen, jeweils bis zu 130 Meter hoch. In Milwaukee steht ein Hybridgebäude namens Ascent: Eine Kombination aus Holz und Beton mit 87 Metern Höhe. Kann Beton allein da noch mithalten? Vor allem unter den Aspekten der Nachhaltigkeit: Holz speichert CO₂, ist nachwachsend und revolutioniert gerade durch seine Möglichkeiten in der Präzisionsfertigung Bauweisen und -branche. Und Beton?
Zunächst gibt es ein großes Problem, eigentlich sind es zwei: Beton wird knapp, weil der Sand ausgeht. UND: Die Produktion ist ein CO₂-Treiber. Die Herstellung von Zement verursacht schon jetzt etwa dreimal so viel CO₂-Emissionen wie der globale Flugverkehr. Laut verschiedener Prognosen wird sich dennoch bis 2060 die bebaute, betonierte Fläche noch verdoppeln! Kann man, „darf“ man da mit Beton überhaupt noch bauen? Wie kann das Bauen auch mit Beton in Zukunft klimafreundlicher werden? Oder sind wir mit Beton in einer ausweglosen Situation?
Wenn von etwas weniger zur Verfügung steht, als man gerne hätte, muss man sparsamer damit umgehen. Einfach gesagt ist das die „Formel“ von Gradientenbeton. „Die Bauforschung beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit Leichtbau-Konstruktionen. Das Interesse am Leichtbau ist kein Wunder: Immerhin schlummern hier große Zukunftschancen für das Bauen von Morgen. Das Prinzip eröffnet umfangreiche Material- und Energieeinsparungspotenziale bei Herstellung, Transport und Verarbeitung von Baustoffen. Das würde dann auch die CO₂-Bilanz im Gebäudebereich deutlich verbessern.“ (Baustoffwissen)
Also eine fließende Veränderung des „Lieblings-Baustoffes“ Beton und unterschiedliche Porositäten, je nach Funktion und Anforderung? Liegt im Potenzial unterschiedlicher Eigenschaften des gleichen Materials seine Zukunft? „Für die tägliche Baupraxis könnte Gradientenbeton künftig eine Rolle spielen. Sinnvoll scheint insbesondere der Einsatz bei Bauteilen für Decken und Balken. Aber auch für tragende Außenwände ist die Technologie interessant. Wände aus Gradientenbeton, die in ihren Außenbereichen sehr dicht und tragfähig sind, zugleich in der Mitte aber einen poröseren „Dämmkern“ enthalten, könnten zum Beispiel als schlanke Alternative zu mehrschichtigen Wärmedämmverbundsystemen eingesetzt werden. Das hätte unter anderem auch den Vorteil, dass sich die Wände später sortenrein recyceln lassen.“ (Baustoffwissen)
Ressourcenschonend und unter Aspekten der Kreislaufwirtschaft – das klingt tatsächlich nach einem Ausweg aus der Sackgasse. Ebenfalls sehr spannend und zukunftsträchtig ist ein noch am Anfang stehendes Verfahren im Umgang mit Beton: Die „Spritzdüsen-mehrfach-Technologie“ für 3D-Druck mit Beton. Mit diesem Verfahren ließe sich ein Haus „einfach“ drucken. Die Vorteile: Zeit- und Kostenersparnis, mehr Gestaltungsfreiheit, bessere Umweltfreundlichkeit, da weniger Material verbraucht wird und weniger Abfall anfällt.
Holz hat, wie eingangs erwähnt, zwei ganz entscheidende Vorteile – im Hinblick auf die beiden Kernprobleme von Beton sind es geradezu „Killer-Argumente“: Holz wächst nach. Und Holz bindet CO₂. Beflügelt wird der Einsatz von Holz durch immer bessere Fertigungs- und Verwendungsverfahren. Die Folge: Den Projektentwickler:innen und Architekt:innen weltweit macht die Planung und Arbeit mit Holz gerade richtig viel Spaß. Anders kann man es nicht ausdrücken: „Globale Skylines im Wandel – Holzhochhäuser, die wie Pflanzen aus der Erde sprießen, erobern die Architekturwelt (…) Herausforderungen wie Akustik und Brandschutz meistert die innovative Technologie. Von Norwegen bis in die USA inspiriert der Trend zu nachhaltigem Bauen Architekten weltweit, Rekorde zu brechen und die Bauweise der Zukunft neu zu definieren.“ (WELT Doku – Geschichten und Reportagen /
Mittlerweile wird auch mit Bambus experimentiert. Die 18. Architekturbiennale in Venedig zeigte bereits 2023, wie man z.B. aus afrikanischer Sicht mit neuen Baustoffen und sich ändernden Anforderungen dem Bauen der Zukunft begegnet. Es wird – wie so oft – ein „Sowohl-als-auch“ werden. Mit viel Flexibilität und Innovationskraft als tragendes, verbindendes Element.
Zum Nachlesen:
Baustoffwissen: Gradientenbeton
https:/
Beton-3D-Druck-Fertigungsverfahren
https:/
18. Architekturbiennale in Venedig