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Und wo ist das Kinderzimmer?

Ein junges Paar will eine Familie gründen – und sucht nach dem passenden neuen Heim. Kann man sich einen Hausbau leisten? Ist eine Wohnung in zentraler Lage erschwinglicher und praktischer? Welche Infrastruktur sollte man bedenken? Sind das Objekt, die Anlage, die Nachbarschaft kinderfreundlich oder überhaupt für Kleinkinder geeignet – Stichwort Kinderwagen. Und: ist überhaupt genug Platz vorhanden, drinnen wie draußen?

Spezielle Anforderungen von Jungfamilien

Über die grundsätzlichen Überlegungen, in ein neues, größeres Heim zu ziehen (Alt- versus Neubau, Lage, Kaufen oder Mieten und natürlich die Kosten) gelangt man schnell als junge Familie zu Fragen, die ganz andere Punkte betreffen; und weit über „wo ist das Kinderzimmer“ hinausgehen. Die Fragen, die man sich als werdende Eltern stellt, fokussieren den zukünftigen Alltag, die (Nah-)Versorgung mit Kindergarten, Schulen, Ärzt:innen, Freizeitmöglichkeiten und vor allem die soziale Anbindung. Sind Freund:innen oder Eltern(teile) in der Nähe? Wie gut erreichbar ist das neue Heim auch öffentlich? Wie sind die Nachbar:innen? Kann unser Kind hier glücklich aufwachsen, weil es Spielplätze gibt, andere Kinder, Raum für kindgerechte Gestaltung? Und: hat das neue Wohnobjekt Zukunftspotential, wenn das Baby ein Teenager und später einmal ausgezogen sein wird?

Jungfamiliengerecht: bauliche und soziale Aspekte

Tragfähige Projekte für werdende Eltern und junge Familien zeichnen sich natürlich durch entsprechende und passende Wohn- und Nutzflächen in den eigenen vier Wänden aus, das ist eine ganz individuelle Entscheidung. Moderne, zeitgemäße Wohnmöglichkeiten verfolgen aber darüber hinaus Sharing-Ansätze und flexibel nutzbare Gemeinschaftsräume, die für junge und (auf)wachsende Familien attraktiv sind: Freizeitangebote und gesellige Aktivitäten wie z.B. Nachmittagstreffen, gemeinsame Mahlzeiten, Feste, Kinderprogramme zählen genauso dazu wie gemeinsam nutzbare Werkstätten oder Küchen, vielleicht sogar Jugend- und Vereinsräume (Kinder- / Elternvereine), Büro und Gästezimmer. Gemeinschaftsgärten, Kinderspielplatz, Dachterrasse runden ein (jung)familiengerechtes Angebot ab.

Über diese noch eher baulichen Vorkehrungen, die das Gemeinsame stärken, gelangt man schließlich zu wesentlichen sozialen Aspekten, nicht nur für Jungfamilien: Coworking, Tauschbörsen, Flohmärkte und Carsharing seien hier genannt, die soziale Interaktion geht aber weiter darüber hinaus. Der Gedankenaustausch mit anderen (jungen) Eltern ist ausgesprochen wichtig, das „Füreinander da sein“ (wenn das eigene Familiennetzwerk weiter weg ist), Ideen teilen, kleine Gefälligkeiten und Hilfe im Alltag anbieten und erhalten, auch Trost und Aufmunterung spenden und zuhören sind laut einer Studie (s. Quelle am Ende des Beitrags) die Aspekte, die für ein zufriedenes Leben als Jungfamilie bedeutsam sind. Weit über die Hälfte von Familien, die in modernen, gemeinschaftlichen Wohnprojekten leben, geben diese Punkte als wichtig an, und sagen, dass sie diese mehrmals pro Woche in Anspruch nehmen.

Als besondere Erleichterung wird wahrgenommen, andere Kinder zu beaufsichtigen bzw. auf andere Kinder aufpassen zu können. 78% der Eltern von 6- bis 9-jährigen Kindern bestätigen in unten angeführter Studie, eine massive Erleichterung durch das Gemeinschafts-Wohn-Projekt zu erfahren, gerade auch im Hinblick darauf, Familie und Beruf vereinbaren zu können.

Wachsende Familien, atmende Lebensräume

Eine Jungfamilie bleibt aber nicht immer eine Jungfamilie; wenn das neue Wohnprojekt zunächst ein erweitertes Familiennetzwerk bietet, kann es als atmender, mitwachsender Lebensraum später einmal vielleicht auch andere Nutzungsperspektiven bieten: passen sich die gemeinschaftlichen Wohnformen an biografische Veränderungen an? Es stellen sich hier Fragen auch nach  Anpassungsleistungen gemeinschaftlicher Wohnformen in gesellschaftlichen Krisensituationen (wie z.B. Corona: Gemeinsames Homeschooling zwischen Familien), Nutzung von Gästezimmern oder Gemeinschaftsräumen für Home-Office und schließlich wohnraumschonende Übergänge in Erwachsenen-WGs in der sogenannten „Empty-Nest-Phase“.

Das neue „Wir“ im Fokus

Am Bachweg in Eggersdorf bei Graz https://wegraz.at/project/bachweg-1/entsteht ein zeitgemäßes Wohnprojekt, das Jungfamilien, Individuen oder Paaren Perspektiven bietet und eine Vielzahl an Überlegungen, Anforderungen und Möglichkeiten berücksichtigt. Familienergänzende Netzwerke der Fürsorge und der Unterstützung finden hier Raum für Entwicklung und es gibt Platz für intra- und intergenerationale Begegnung und Austausch. Verknüpfungen von Wohnen, Arbeiten, Infrastruktur vor Ort, ein erweitertes soziales Umfeld und Aktionsräume für das Aufwachsen von Kindern bieten Perspektiven und Entlastungen für Familien im Alltag und für den weiteren Lebensverlauf.

 

Studie: Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen (Laufzeit: 01.04.2019 – 31.05.2021), Deutsches Jugendinstitut mit Hochschule Karlsruhe, Leitung Dr. Martina Heitkötter:

https://www.dji.de/ueber-uns/projekte/projekte/familien-in-gemeinschaftlichen-wohnformen-fagewo.html