Wie plant man eine Stadt mit Zukunft oder: Wie plant man die Zukunft einer Stadt? Von der grünen Wiese weg werden nur noch selten ganze Städte von Beginn an geplant. Die Herausforderung lautet eher, wie man Städte zukunftsfähig macht, an neue Gegebenheiten anpasst – man könnte sagen, Stadt-Planung ist eher Stadt-Entwicklung, für die man Change-Management-Fähigkeiten benötigt. Ausnahme sind Stadtteile oder einzelne Projekte in der Peripherie: Hier hat man sehr wohl die Möglichkeit, Agglomerationen so zu planen und zu realisieren, sodass sie zukunftsfit sind.
Seit Menschen sich niederließen, planten sie ihre „Besiedlungsprojekte“. Schachbrettartig angelegte Städte findet man bereits vor 5.000 Jahren. Wien, Köln oder Genf beispielsweise zeigen typische römische Muster in der Anordnung. Im Lauf der Zeit wurde Stadtplanung mehr und mehr zu Stadtentwicklung, im Kern – im wahrsten Wortsinn – stand eine Innenstadt als zentraler Knotenpunkt verschiedener Verkehrsstraßen. Ein Rathaus, ein Marktplatz, Läden und Apotheken waren das Kennzeichen einer lebendigen Verdichtung von Öffentlichem sowie von Arbeits- und Einkaufsmöglichkeiten. „Lebendig“ und „Verdichtung“ verbunden mit Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit sind die Begriffe, die aus der rein baulichen Stadtplanung eine äußerst komplexe, viele Bereiche und Disziplinen betreffende Entwicklungsaufgabe werden ließen. Wenn eine Stadtplanung als „gelungen“ gilt, sind alle Aspekte eines Lebens im öffentlichen Raum miteinbezogen: Eine Stadt oder ein Stadtteil wirken „lebendig“, Nahversorgung ist gegeben, es finden sich Plätze zu sozialer Interaktion genauso wie zu individueller Regeneration. Ein großes Thema in diesem Zusammenhang ist das Verwaisen der Innenstädte. Lange Zeit war das Zentrum einer Stadt nicht nur der geografische Mittelpunkt, sondern auch das Zentrum des Lebensortes von Menschen – mit allen Konsequenzen, Angeboten und Möglichkeiten wie eingangs skizziert. Seit den 1970er Jahren reduzierte sich die Entwicklung des Stadtzentrums auf den Handel. Und diese Einkaufsstädte entsprechen in ihrer eindimensionalen Nutzung nicht dem ursprünglichen Sinn und – wie viele Beispiele zeigen – bergen die Gefahr der Verödung, wenn diese Nutzung ausbleibt bzw. im konkreten Fall in die Peripherie abwandert.
Stadt bedeutet Infrastruktur. Die Eisenbahn und die Erfindung der Elektrizität waren historisch betrachtet die großen Antriebskräfte infrastruktureller Entwicklung. Die Konzentration auf den Handel war ein Zwischenspiel, dem nun zeitgemäße Konzepte folgen müssen. Die neuen Treiber städtebaulicher Infrastruktur, die neuen Kräfte gesellschaftlicher Entwicklung lauten: Klima, sozialer Zusammenhalt, Mobilität, Gesundheit, Versorgung, die Verknüpfung von Wissen, Arbeit und Privatem auch im öffentlichen Raum. Dieser öffentliche Raum steht vor einer Rückeroberung, was viele unterschiedliche Trends wie „third places“ oder „urban gardening“ eindrucksvoll zeigen. Man erkennt, dass „gelungene“ Stadtplanung – oder besser Stadtentwicklung – ein spannendes, herausforderndes, aktives und multiperspektivisches Unterfangen ist, das nie endet
Für gelungene Stadtentwicklung gibt es unterschiedlichste Ansätze und Konzepte. Die Digitalisierung schafft viele Möglichkeiten, öffentlichen Raum multidimensionaler zu nutzen. Die Verpflichtung zu Nachhaltigkeit, zur Optimierung des innerstädtischen Mikroklimas, lässt Grünflächen entstehen, die ihrerseits auch der Lebensqualität der Bürger:innen zu Gute kommen. Unter dem Motto „Building Places People Love“ hat der in Washington beheimatete “Congress for the New Urbanism” (kurz CNU – eine Non-Profit-Organisation mit Unterstützern aus vielen relevanten Bereichen) eine umfassende Charta entwickelt, die als Wegweiser für lebenswerte Städte der Zukunft fungiert: „Wir stellen Ressourcen, Bildung und technische Unterstützung bereit, um sozial gerechte, wirtschaftlich robuste, ökologisch widerstandsfähige und menschenzentrierte Orte zu schaffen. Wir nutzen Aspekte von Design und sozialen Prinzipien des New Urbanism, um drei wichtige Ziele zu erreichen: die Diversifizierung von Nachbarschaften, die Gestaltung im Hinblick auf den Klimawandel und die Realisierung fußgängerfreundlicher Orte.“ Dem können wir uns nur anschließen.
Zum Nachlesen (fakultativ):
Congress For New Urbansim